Aurum
Nach Golde drängt,
Am Golde hängt
Doch alles! Ach wir Armen!
So sagt es das Gretchen in Goethes Faust, einem, ähnlich dem Arzneibild des Goldes, kaum überschaubaren
Theaterstück (Goethe selbst nannte es "inkommensurabel", d.h. nicht messbar, nicht vergleichbar), das besonders in
der Figur des Faust auch von Gold durchdrungen ist. Das Theaterstück und die Arznei bilden einen Bogen, der von
der tiefsten Verzweiflung bis zur himmlischen Wahrnehmung reicht. Wir Armen - die wir weder das eine noch das
andere auszuhalten vermögen, die wir nach dem Gold, dem Reichtum, der Erkenntnis streben und oft nicht merken,
wie nahe wir uns dabei am Abgrund bewegen. Und sollten wir es dennoch bemerken, dann laufen wir umso mehr
Gefahr in diesen Abgrund zu stürzen. Die tiefe Depression, in die Faust am Anfang verfällt, lockt mit Freitod, jede
Freude ist ihm "entrissen", jede Möglichkeit nach Erkenntnis scheint ihm versagt. Er setzt die Schale mit dem Gift an
den Mund, bereit zu sterben ("Ja, kehre nur der holden Erdensonne entschlossen deinen Rücken zu!" und "Zu
diesem Schritt sich heiter zu entschließen, und wär' es mit Gefahr, ins Nichts dahinzufließen."), da wird er von
Chorgesang ("Christ ist erstanden! Selig der Liebende, der die betrübende, heilsam' und übende Prüfung
bestanden.") an seinen Glauben erinnert (Musik bessert!) und er kehrt aus der Tiefe oder auch aus der Höhe zur Erde
zurück. ("Erinnrung hält mich nun mit kindlichem Gefühle vom letzten, ernsten Schritt zurück. O tönet fort, ihr
süßen Himmelslieder! Die Träne quillt, die Erde hat mich wieder!")
Faust ist ein Gold-Mensch mit etlichen weiteren Arzneiwesen an seiner Tafelrunde (nicht zuletzt Sulfur, das Aurum
gut folgen soll, und von Mephisto, dem sulfurischen Höllenteufel, in ihm zunehmend geweckt wird). Er durchläuft
während des Dramas viele "Gold-Stationen" um zum Schluss wenigstens eine Andeutung des erlösten Goldes zu
schauen. Buchwald und Gawlik haben dies in ihrem Buch "Homöopathie in der Weltliteratur" schön entwickelt und
dargestellt.
Niemandem aber wird wohl eine vollständige Darstellung dieses Stoffes und seines Wesens gelingen können, zu
groß ist sein Umfang, zu tief geht seine Verzweiflung, zu hoch reicht sein Himmel. Insofern ist unser Drängen und
Hängen am Golde immer auch damit verknüpft, dass wir eben arm sind - arm, wenn wir es besitzen oder ihm
verfallen, arm auch, wenn es sich nur in Ansätzen erlöst in uns zeigt, denn wir werden es nie ganz erkennen können.
Wo man auch hinsieht in der Literatur, homöopathisch oder sonst wie das Gold betrachtet, immer wird es als etwas
beschrieben, das von Größe, von Macht, von Vollkommenheit ebenso spricht wie von Verzweiflung, von Schwere
und von Last. Letztendlich bleibt im besten Falle so etwas wie Demut zurück vor der Unbegreiflichkeit und
Herrlichkeit Gottes, der sich in diesem Stoff versucht uns zu offenbaren. Auch das hat Goethe vielleicht erkannt,
wenn er seinen Erzengel sprechen lässt:
"Die Sonne tönt nach alter Weise
in Brudersphären Wettgesang
und ihre vorgeschriebne Reise
vollendet sie mit Donnergang.
Ihr Anblick gibt den Engeln Stärke,
wenn keiner sie ergründen mag,
die unbegreiflich hohen Werke
sind herrlich wie am ersten Tag."
Nun würde ich zur Überleitung hin zu der Beschreibung des Stoffes und seines Wesens all das Schwere, das eben
zum Ausdruck kam, gerne etwas relativieren, ihm quasi ein wenig phosphorische Leichtigkeit einhauchen, aber das
gelingt bei Gold nicht so ohne weiteres. Gold hat eigentlich so gar nichts Heiteres hinter seiner Schwere, unter seiner
Reinheit, in seinem Glanz und mit seiner Melancholie. Auch hat es durchaus einen Zug zur Grausamkeit, wie wir bei
der Betrachtung der Geschichte sehen werden. Gold ist mehr der Archetyp der puren Wahrheit, in seiner Erlösung
zeigt es aber auch die Freude über diese Wahrheit, die Demut davor und die daraus entstehende Versöhnung.
Der Stoff und seine Geschichte
Das Gold ist ein zu den Schwermetallen gehörendes Element (1. Nebengruppe des Periodensystems), zu denen z.B.
auch das Kupfer und das Silber gehören. Es ist, wiederum neben Kupfer und Silber, eines der weichsten Metalle
überhaupt. Wie diese besitzt es auch eine große Wärmeleitfähigkeit.
Spezifisch für das Gold ist seine extreme Verformbarkeit. Etwa 30 Gramm Gold können zu einem feinsten Golddraht
von mehr als 100 Kilometer Länge ausgezogen werden oder man kann es zu Folien walzen, die nicht dicker sind als
ein Tausendstel Millimeter!
Gold ist von weicher gelber, mattglänzender Farbe. Manchen bezeichnen seinen Glanz als warm, andere dagegen als
kalt. Es kommt wohl auf den inneren Standpunkt an. Gold schmilzt bei ca. 1064 ° C und siedet bei ca. 2260 ° C. Es
ist ausgesprochen schwer. In der Natur kommt es sowohl gediegen vor ("Edelmetall"), als auch in Verbindungen mit
anderen Metallen. Es ist eines der selten vorkommenden Metalle (man schätzt vier Milligramm auf eine Tonne
Erdrindenstoff), auch wenn die Menge auf bzw. in der Erde und im Meer sehr hoch ist (allein im Meerwasser sollen
ca. neun Milliarden Tonnen sein!). Da es aber aus dem Meer oder anderen Stellen der Erde gar nicht oder nur schwer
gewonnen werden kann, insgesamt auch nur an 75. Stelle der Häufigkeit aller Elemente steht, ist es für den
Menschen, der seit sehr langer Zeit dahinter her ist wie der Teufel hinter der Seele, sehr mühsam, daran zu kommen.
Nicht zuletzt deshalb wird es als so wertvoll empfunden. Große Goldklumpen z.B. sind extrem selten. Der größte
heute noch existierende Klumpen (die meisten wurden eingeschmolzen) ist das sogenannte "Goldene Dreieck" von
ca. 36 Kilogramm Gewicht. Dieser Klumpen wurde 1842 im Ural gefunden.
Die Edelmetalle und damit auch das Gold sind, so sagen die Geologen, "hydrothermalen" Ursprungs, d.h. sie sind
aus den heißen und flüssigen Stoffen des Erdinnern entstanden. Lagerstätten (mit Ausnahme der Südafrikas) finden
sich hauptsächlich an den Stellen, wo die großen Kontinentalplatten aufeinanderstoßen oder sich wieder trennen.
Dadurch werden so gewaltige Kräfte frei, dass sich dort die Metalle im Gestein anreichern können.
Gold wird entweder "gewaschen" (d.h. besonders aus Flusssand herausgesiebt - Nuggets) oder aber im
Untertagebergbau abgebaut. In sehr vielen Gesteinen ist es vorhanden (fast überall auf der Erde) und wird u.a. durch
Verwitterungsprozesse zugänglich und von den Flüssen in die Ozeane geschwemmt. Gold ist in der Erde oft
gemeinsam mit Kupfer und Silber abgelagert. Dies entspricht nicht nur der chemischen Zusammengehörigkeit
(Periodensystem), sondern auch der Art der Verwendung als Schmuck und Geld.
Die Art, wie Gold gewonnen wird, zeigt uns viel von seinem Wesen, das vielleicht mit Goethes Worten beschrieben
werden könnte, die er im Vorspiel auf dem Theater seiner Fausttragödie sagen lässt:
"[So schreitet in dem engen Bretterhaus]
Den ganzen Kreis der Schöpfung aus
Und wandelt mit bedächt'ger Schnelle
Vom Himmel durch die Welt zur Hölle."
In seinem Werdeprozess (materiell wie geistig) mag der Weg auch umgekehrt sein, meist aber erscheint der
eigentlich "himmlische" Stoff hier auf der Erde bei uns Menschen eher von der Hölle geprägt zu sein. Selten hat ein
Stoff so viel Leid hervorgerufen wie das Gold. Schon am Beginn seiner Gewinnung wird dies deutlich. Dazu ein
Zitat von Timothy Green, einem Erforscher des Goldes, der über ein heutiges Goldbergwerk in Südafrika berichtet
(aus Anikin, Gold): "Der Abstieg in das Goldbergwerk gleicht einer Reise in die Hölle. Man muß sogar seine ganze
Kleidung, die Wäsche eingeschlossen, oben lassen, und eingehüllt in ein weißes Arbeitsgewand betritt man einen
stählernen Käfig, der innerhalb von zwei Minuten in einen Felsen von einer Meile Tiefe hinabsaust. Dort unten ist
eine Welt von Lärm, Hitze und Nässe, erhellt von den tanzenden Lichtern der Lampen an den Helmen der Bergleute.
Ein zehnminütiges Gehen auf der in den Fels geschlagenen Galerie, wo die normale Temperatur über 100 °
Fahrenheit (das sind fast 40 ° C, d.Verf.) liegt, genügt, und jeder Besucher ist von einem Gemisch aus Schweiß und
Feuchtigkeit völlig durchnäßt. Dann ist durch das ständige Surren der Klimaanlage und das Rattern der Hunte
hindurch das Geräusch der Preßluftbohrer zu hören, die sich in die Felswand hineinfressen. An einer Seite des
Tunnels tut sich ein enger Spalt auf, der in einem Winkel von fast 25 Grad in die Tiefe führt. Er ist kaum 40 Zoll (ca.
ein Meter, d. Verf.) hoch und kunstvoll von Holzstempeln gestützt, [...]." Und noch ein Beispiel: Gold ist durch fast
nichts angreifbar, außer den Cyanidlösungen und dem "Königswasser" (einer Mischung aus Salz- und Salpetersäure),
beides ausgesprochen ätzende und gefährliche Stoffe. Nachdem man festgestellt hatte, dass durch sie Verbrennungen
der Haut hervorgerufen werden, hat man die zarte Haut der Weißen davor bewahrt, indem man behauptete,
"Negerhaut" mache der Kontakt mit diesen Säuren nichts aus!
Gold wird nicht "gewonnen", es wird der Erde regelrecht abgetrotzt. Zuerst muss im Bergwerk der Stein geschlagen
und zerkleinert werden. Dann wird er "ausgelaugt" (z.B. mit Cyanid-Laugen), wodurch etwa zu 88 % reines Gold
frei wird. Dies ist das Rohgold, das dann noch verfeinert wird durch Amalgamierung. Auch die Goldgräber oder -wäscher arbeiten so. Das hat zum Teil wieder fürchterliche Folgen, denn durch die Verbindung mit Quecksilber
(Amalgame sind immer flüssige oder feste Metall-Quecksilber-Verbindungen) wird dieses frei und verseucht die
Umwelt. Überflüssiges Quecksilber gelangt in die Flüsse und beim Trennen von Quecksilber und Gold durch
Erhitzen werden Quecksilberdämpfe frei, die in die Luft gelangen. Damit nicht genug, es gelangt dann auch in die
Pflanzen und die Tiere. Die Goldgräber sind als erstes betroffen, aber die Folgen für die Umwelt sind überhaupt nicht
abzuschätzen. Da für ein Kilogramm Gold bis zu zwei Kilogramm Quecksilber benötigt werden und allein in
Brasilien (Amazonien) ab Mitte der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts innerhalb von ca. 10 Jahren 1000 Kilogramm
reines Gold erarbeitet wurden, kann man sich das Debakel vorstellen (oder wohl eher nicht). Hierzu ein Zitat aus
Renate Hückings Buch mit dem schlichten Titel "Zum Beispiel Gold": "Es verlangt nur geringe toxikologische und
ökologische Kenntnisse, um die Folgen dieser gigantischen Umweltbelastung vorauszusehen. Zunächst einmal ist die
Gesundheit jener Goldgräber gefährdet, die Quecksilber beim Erhitzen des Amalgams einatmen. Die Betroffenen
ficht das jedoch wenig an. Denn "Berufskrankheiten" wie Malaria, Gelbfieber, Typhus sowie Alkoholismus und
Schussverletzungen bedrohen das ohnehin kurze Garimpeiro-Leben ungleich stärker als eine schleichende Quecksilbervergiftung.
Auf lange Sicht und in viel stärkerem Maße betroffen sind dagegen die Einwohner Amazoniens, die sich vorwiegend
von Fisch ernähren. Hierzu zählen die indianische Urbevölkerung und die Gruppe der sogenannten ‚caboclos', arme
Mischlingsfamilien, die in schäbigen Bretterbuden an den Ufern der großen Flüsse leben. Doch da sich die
organischen Quecksilberverbindungen auch in Wasserpflanzen anreichern, die Säugetieren, Amphibien oder Vögeln
als Nahrung dienen, wird letztlich das gesamte Ökosystem Amazoniens betroffen sein.
Weitgehend unabsehbar sind die Auswirkungen des Quecksilbers als genetische Zeitbombe. Wie japanische Ärzte
herausfanden, durchwandert das im Körper der Mutter vorhandene Quecksilber die Plazenta und schädigt beim
Embryo Gehirn und Rückenmark.
Dass ein solches Schreckensszenario kein grundloses Menetekel ist, beweisen erste Messungen, die von
Wissenschaftlern am Rio Madeira durchgeführt wurden. In diesem bedeutenden Schürfgebiet lag bereits 1986 die
Quecksilberkonzentration von Speisefischen über dem von der Weltgesundheitsorganisation festgelegten Grenzwert.
Die Yanomami-Indianer, deren Reservat in den letzten Jahren von etwa 80 000 Garimpeiros heimgesucht wurde,
haben den Fischfang zwischenzeitlich bereits einstellen müssen und werden nun von der staatlichen
Indianerschutzbehörde per Flugzeug mit Lebensmitteln aus Dosen versorgt."
Wenn also das himmlische Gold mit Mercurius zusammenkommt, dann entstehen gefährliche, apokalyptisch
anmutende Szenarien. Aurum ist nicht umsonst das Komplementärmittel zu Mercur und beide Mittel gehören dem
syphilitischen Miasma an, das in seinem Zentrum das Zerstörerische symbolisiert.
Gold ist natürlich nicht der einzige Stoff, der neben oder auch wegen seiner Schönheit, seiner Reinheit dem
Menschen zum Verhängnis werden kann. Aber beim Gold wird es so besonders offensichtlich. Wohl kaum hat je ein
anderer Stoff die Gier und die Grausamkeit des Menschen so entfacht. Auch die Geschichte zeigt dies deutlich.
Gawlik ist der Meinung, am Anfang der Geschichte des Goldes stehe eher der Charakter der Heiligkeit und Reinheit
des Metalls. Das stimmt insofern, als es praktisch ausschließlich für kultische Zwecke benutzt wurde, nur den
Priestern und später auch den Königen und Pharaonen vorbehalten war. In seinem Buch "Götter, Zauber und Arznei"
sagt Gawlik: "In allen Kulturen stand Gold ausschließlich im Dienst kultischer, sakraler Bereiche. Häufig war es
Bestandteil der Mysterien, der göttlichen bzw. magischen Kräfte. Auf jeden Fall war es etwas absolut Heiliges.
Damals war man der Auffassung, dass Gold, ein so wertvolles, gediegenes Metall, nie einem Menschen gehören
dürfte. Es war Eigentum der Götter. [...] Überall war Aurum als Träger göttlichen Willens verstanden worden."
Aber vor der kultischen Verwendung stand natürlich die Gewinnung des Metalls, die auch schon damals unter
menschenunwürdigen Umständen geschah. Die ägyptischen Goldbergwerke waren nur sehr schwer zu erreichen,
weil sie in der koptischen Wüste lagen, unzählig viele Menschen starben direkt oder indirekt bei dem Abbau. Also
zeigt uns selbst die Heiligkeit ihre dunkle Seite besonders durch das Gold.
Auch wurde schon sehr bald gerade in Ägypten das Gold zu einer Art Währung, mit der andere Dinge, die es in
Ägypten nicht oder nur wenig gab, eingekauft werden konnten (z.B. Holz). In den anderen Ländern galt Ägypten als
"El Dorado", tausende Jahre, bevor dieser Begriff gebildet wurde. Das führte natürlich auch dazu, dass Kriege
deswegen geführt wurden. Ägypten wurde immer wieder wegen seines Goldreichtums angegriffen, aber auch die
anderen Länder wurden oft des Goldes beraubt, das sie anderen geraubt hatten. Das wird uns bei der Geschichte des
Goldes und seiner Macht immer wieder begegnen. Auch Alexander der Große, der wohl die größte Menge an sich
gebracht hatte bei seinen Kriegszügen, verlor den Reichtum wieder. Rom wurde reich durch Gold, wiederum durch
Mord und Totschlag besonders in Spanien und Gallien, und so konstatierte Karl Marx in seinem "Kapital" (zitiert
nach Anikin): "Entsetzlich zeigt sich ... im Altertum die Überarbeit, wo es gilt, den Tauschwert in seiner
selbständigen Geldgestalt zu gewinnen, in der Produktion von Gold und Silber. Gewaltsames zu Tod arbeiten ist hier
die offizielle Form der Überarbeit."
Und schließlich ist es die geradezu unglaublich anmutende Geschichte des Goldes der Neuen Welt, die uns in ihrer
wohl nie wieder da gewesenen Grausamkeit und Doppelmoral den Januskopf dieses Metalls zeigt. Es ist sicher kein
Zufall, dass die Europäer in ihrer unersättlichen Gier nach diesem Stoff und den Massakern, die sie deswegen
anrichteten, die Syphilis mit nach Hause brachten, die dann hier auf ihre Art wütete (s. auch Luesinum in HE 40).
Kolumbus suchte wegen des Goldes den Seeweg nach Indien, Cortez und Pizarro setzten die "Arbeit" fort mit der
Hilfe unzähliger frommer Christen, deren Gott sie mit dem Gold blendete. Als "Gott des weißen Mannes"
bezeichneten die Indianer das Gold und mussten dafür in einer Art und Weise leiden und sterben, wie wir es uns
heute kaum vorstellen können. Wer dazu Näheres lesen möchte, der sollte sich den "Kürzesten Bericht über die
Verwüstung und Entvölkerung der indischen Länder" von dem spanischen Priester Bartolomé de las Casas zu
Gemüte führen (und sich vor aurealen Alpträumen von Gewalttätigkeit und Schrecklichkeit wappnen). Hier nur ein
paar Zahlen: Für jede Unze Gold, die um die Jahrhundertwende vom 15. zum 16 Jahrhundert geraubt wurde, mussten
drei Menschen sterben. Das heißt, für eine Tonne starben etwa 100 000, insgesamt mehr als 2 Millionen.
Last but not least einige Worte zu dem regelmäßig wiederkehrenden "Goldrausch", der besonders in der neueren
Geschichte ebenfalls immer wieder von der Gier, der Habsucht und der Grausamkeit Zeugnis ablegt. Dies ist
keineswegs beschränkt auf die Jahre ab 1849, als alle Welt nach Kalifornien pilgerte in dem Glauben, schnell reich
zu werden. Noch in den achtziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts kam es (und kommt es noch) besonders in
Brasilien und Australien zu ähnlich menschenunwürdigen Zuständen wie früher auch schon (s.o. die
Quecksilberverseuchung).
Natürlich darf man über all dem nicht die Schönheit des Goldes vergessen. Immer wieder wurde es zu
wunderschönen Stücken verarbeitet, denken wir nur an die vielen Schmuckstücke, oft mit Juwelen noch weiter
"veredelt" oder z.B. auch an den Grabschmuck und die Maske des Tut-ench-Amun. Die Schönheit, das Edle, die
Reinheit haben den Menschen immer wieder die ihm auch innewohnenden Fähigkeit bewusst gemacht Schönes
herstellen zu können, sei es nun zum Lobe Gottes oder zum Lobe des Lebens und seines Wertes. So ist das Gold
vielleicht einer der Stoffe, der uns die Zweischneidigkeit von Wert und Schönheit besonders deutlich aufzeigt.
Es gäbe noch viel zu sagen zu diesem Aspekt des Goldes und seiner Geschichte, über die Piraten, die das Gold
stahlen und dabei über Leichen gingen, über Südafrika und die Entbehrungen der Goldschürfer unter Tage, über Jack
London und den "Lockruf des Goldes", über die Zerstörung von einer unglaublich großen Menge von Kunstschätzen,
die einfach eingeschmolzen wurden, über Grabräuber, über den Faschismus und das Dritte Reich und seine
Beziehung zum Gold, über den Wert und die Schönheit des Goldes und vieles andere mehr. Aber das bisher Gesagte
mag ausreichen um einen Eindruck von der ungeheuren Mächtigkeit des Goldes zu bekommen, das in uns Menschen
den Sinn für das Schöne genauso wecken kann wie es die fürchterlichsten Regungen hervorrufen und uns ins
Verderben stürzen kann.
Die Geschichte des Goldes will ich hier aber noch nicht verlassen, denn auch im Bereich der Medizin spielte und
spielt es eine sehr wichtige Rolle. Im Körper finden wir es in Spuren praktisch überall, besonders im Gehirn und in
der Aorta. Dem Gold wird eine starke Wirkung auf das Abwehrsystem zugesprochen. Es hemmt die
Reaktionsfähigkeit des RHS, des retikulo-histiozytären Systems, regt dagegen die Tätigkeit des Hypophysen-Vorderlappens und der Nebennierenrinde an. Dies macht den Einsatz so schwierig, denn Überdosierungen führen zu
schweren bis schwersten Nebenwirkungen wie Pruritus und andere schlimme Hauterscheinungen, Schädigung des
Knochenmarks, Störungen an den Nieren und der Leber. Heute wird praktisch nur noch der entzündliche
Gelenkrheumatismus mit Goldpräparaten behandelt, wobei zwar besser verträgliche Mittel eingesetzt werden,
dennoch immer sehr genau auf die gefährlichen Nebenwirkungen geachtet werden muss. Dabei ist es auffällig, dass
der Gelenkrheumatismus zwar besser wird, die Patienten aber immer mehr in die Melancholie und die Depression
rutschen. Dies wäre ein hochwertiges Aurumsymptom - Rheumatismus besser, Depression schlimmer. Ähnliches gilt
z.B. für die Depression, die nach einer Zahnbehandlung entsteht, wenn Gold als Füllung eingesetzt wurde
(Goldinlays). Allerdings kann dies problematisch sein, denn eigentlich müssen diese Inlays dann wieder durch etwas
anderes ersetzt werden (was sehr teuer wird). So lange der Stoff da ist und wirkt (was natürlich nicht bei jedem der
Fall ist), wird auch die homöopathische Gabe von Gold höchstens lindern, aber nicht wirklich helfen können.
Früher sprach man dem Gold eine ganze Reihe von Heilwirkungen zu. Schon im alten Arabien wurde es eingesetzt,
die Römer gaben es bei Wassersucht und der berühmte Arzt Ibn Sina (980 - 1037 n. Chr.), besser bekannt unter dem
latinisierten Namen Avicenna, beschrieb die Wirkung des Goldes auf das Herz sowie auf das Gemüt. Hier zeigen
sich schon die Hinweise, die später in der Homöopathie als die wichtigen Symptomen des Goldes beschrieben
werden.
Hildegard von Bingen hat das Gold ebenfalls sehr geschätzt. Die Hildegard-Kur gegen Rheumatismus wird auch
heute noch angewendet: Ein gewisse Menge Nuggetgold (also aus dem Fluss gewaschenes Gold, nicht das mit
Mercur der Erde entrissene) wird verrieben, die Hälfte der Menge mit Dinkelteig vermengt, dieser gebacken und
dann am Morgen gegessen. Die andere Hälfte wird ebenfalls mit Dinkelteig vermengt, der dann einen Tag später
ungebacken gegessen werden soll. Wer dies, so Hildegard, tue, bekomme keine Erkältung, die "schwarze Galle"
würde für ein Jahr vertilgt und das Rheuma werde schwinden. Außerdem wusste auch Hildegard von der Wirkung
des Goldes auf die Melancholie (die Krankheit der "schwarzen Galle", der das Licht fehlt).
Paracelsus (Philippus Aureolus Theophrastus Bombast von Hohenheim, 1493 - 1541 n. Chr.) verschrieb Gold auch
gegen die Syphilis und den "Aussatz" (Lepra).
Immer wieder zeigte das Gold den Ärzten ihre Grenzen auf, einerseits wegen der schon erwähnten oft so schweren
Nebenwirkungen, aber auch dadurch, dass es als nicht lösliches Metall schwierig war zu applizieren. Hahnemann war
es, der durch die Technik der Verreibung dieses Problem löste, natürlich nicht, um es dann in massiver Form, wie zu
seiner Zeit ja üblich, seinen Patienten zu geben, sondern um es weiter verdünnen und dynamisieren zu können.
Mythologie
In der Mythologie spielt das Gold eine große Rolle. Alles, was mit Pracht und Macht, mit Prunk und Schönheit, mit
Heiligkeit und Göttlichem in Verbindung gebracht wurde (und oft wird), ist dem Gold zugetan. Das Gold wird auch
immer an erster Stelle genannt, als sei es das Wichtigste unter den Reichtümern (Gold und Edelsteine, Gold und
Silber, Gold und Elfenbein - nie anders herum). Es bringt dem Besitzer Reichtum und Macht, aber nicht selten auch
Verderben.
Nur einige wenige Beispiele:
Bei den Indern ist deren heiliger Berg Meru, der Mittelpunkt der Welt, vollständig aus Gold (und mit Diamanten
geschmückt).
Der legendäre persische Pokal Dschami, ein aus einem großen Türkisen gefertigtes Trinkgefäß, ist mit flüssigem,
trinkbarem Gold gefüllt. Wenn man es trinkt, erlangt man Unsterblichkeit.
In der nordischen Mythologie gibt es den Fluss Gjall, eine der Grenzen zwischen der Ober- und der Unterwelt. Über
ihn führt eine Brücke, ganz aus Gold, über die man gehen muss, um in das Reich der Hel, der Todesgöttin, zu
gelangen.
Und dass das Gold Verderben bringen kann, sehen wir an der Geschichte des Zwerges Andwari: Er wurde von Loki,
dem Prinzip des Bösen in der germanischen Mythologie, gefangen genommen, um an dessen Gold zu kommen. Der
Zwerg gab Loki auch all sein Gold, behielt aber einen goldenen Ring zurück, der die Gabe besaß Gold herbei zu
zaubern. Als Loki ihm auch diesen nahm, belegte er den Ring mit einem bösen Fluch - jeder Besitzer des Ringes
musste durch Mörderhand sterben.
Das Wesen
Das Gold repräsentiert u.a. die Schwere. Es ist ein Mittel, das relativ oft angezeigt ist (aber keinesfalls routinemäßig
bei Depression verschrieben werden sollte!) und auch oft wunderbare Wirkung entfaltet, dies aber nicht schnell und
leicht. Der Aurum-Weg ist schwer. Philip M. Bailey sagt in seiner "Psychologischen Homöopathie": "Es macht
keinen besonderen Spaß, ein Aurum-Mensch zu sein. Zu den schönsten Erfahrungen bei der Behandlung von Aurum-Fällen gehört es, wenn man sieht, dass etwas Leichtigkeit in ihr Leben kommt, nachdem sie das Mittel genommen
haben. Wie das Gold, aus dem die Arznei hergestellt wird, ist auch Aurum von einer großen Schwere umgeben, einer
Schwere, die in den meisten Fällen seit der frühen Kindheit besteht. Wenn der Patient berichtet, dass er sein Leben
lang deprimiert war, denken Sie an Aurum. Für einen Aurum-Menschen gehört ein gewisses Maß an Depression zum
Alltag. Hin und wieder verfällt er in tiefe, scheinbar hoffnungslose Depressionen, aber auch zwischen diesen
Episoden hat er das Gefühl, als hänge ständig eine dunkle Wolke über ihm." Und Whitmont schreibt: " Aurum ist
[...] ein Ideal, das niemals erreicht werden kann, weil es die Sonne selber ist. Der Aurum-Typus strebt immer nach
dem Höchsten und fühlt sich immer unzulänglich, wie Atlas, der die Welt auf seinen Schultern trägt und unter der
Last zusammenbricht. Höchstes Verantwortungsgefühl, höchstes Machtstreben, superpater familias. Idealistisch,
stets nach dem Geiste strebend, auf Ehre, Leistung, Karriere ausgerichtet. Ich muss bei Aurum immer an de Gaulle
denken, Seine Majestät. Aurum ist wirklich der Archetypus des Königlichen, aber des verantwortungsbewussten
Königlichen. Das sind sehr aktive, starke, verantwortungsbewusste Menschen, Dirigenten, Präsidenten von
Konzernen, gute Geschäftsleute, warmherzige Familienväter, Menschen, die mit dem Herzen denken, die aber mehr
tragen wollen, als sie können. Wenn sie ihre Verantwortung nicht mehr bewältigen können, verfallen sie in
Selbstkritik, Selbstverdammung und schließlich in Egozentrismus und Depression bis hin zum Suizid. Das
Augensymptom: ‚Sieht bloß die untere Hälfte der Dinge' ist ein Bild für diesen Zustand."
Aurum ist z.B. ein Mittel, bei dem wir in der Familienanamnese feststellen können, dass sich mehrere Mitglieder der
Familie selbst getötet haben. Der aurumkranke Mensch trägt systemisch ungeheuer schwer daran. Auch die
Äußerungen während der Anamnese können zu Aurum hinleiten: Alles, was geschildert wird, ist schwer, ist eine
Last, und auch als Behandler beginnt man diese Last schnell auf den eigenen Schultern zu spüren. Diesen Menschen
ist alles schwer: Die Glieder sind schwer, der Kopf ist schwer, besonders bei Kopfschmerzen drückt es wie eine
schwere Last, wie eine schwere Krone (oder Dornenkrone) auf den Kopf, das Herz ist ihnen schwer. Auf die Bitte,
sich doch einmal an einen schönen, glücklichen Moment in ihrem Leben zu erinnern, fällt einem kranken Aurum-Menschen oft nichts ein.
Aurum neigt zum Grübeln. Oft grübelt es über scheinbare Nichtigkeiten, was für andere dann völlig unverständlich
erscheint. Dazu das Beispiel eines Patienten: Eines Abends, so schilderte er, ging er an einer Gruppe von Menschen
vorüber. Diese unterhielten sich, waren fröhlich und lachten. Als er dann zu Hause nachts in seinem Bett lag, musste
er darüber nachdenken, was wohl an ihm nicht richtig gewesen sei, dass die Leute über ihn gelacht hatten. Er
grübelte über seine vermeintliche Unzulänglichkeit und was er in der Situation hätte sagen können, aber zu dem
Zeitpunkt war ihm nichts Passendes eingefallen (Aurum macht keine "flotten Sprüche"). Er fühlte sich hilflos, als er
da im Bett lag, ohnmächtig, unsicher. Nach außen hin war er ein sehr erfolgreicher Mann, über den "man" nicht
lachte. Aber als es doch geschah (oder vielleicht ja auch nur vermeintlich), da fühlte er sich ausgeliefert. (Vielleicht
hat dies etwas zu tun mit dem Aurum-Symptom, dass es das Gefühl hat, seine Freunde hätten das Vertrauen in ihn
verloren [unter Wahnideen neben Hura]).
Er schlief dann schließlich doch ein, erwachte aber kurze Zeit später wieder wegen starker Hüftschmerzen, auch das
ein Symptom von Aurum. Und als syphilitisches Mittel hat Aurum die typische Verschlimmerung in der Nacht. Alles
wird schlimmer in der Nacht (die Schmerzen, das Grübeln) und bessert sich bei Sonnenaufgang (Aurora ist die Göttin
der Morgenröte und kündet vom Aufgang der Sonne, dem aurealen Himmelslicht schlechthin).
Die Hüftschmerzen legen die Überlegung nahe, ob man vielleicht ein wenig zu weit ausgeschritten ist, ob man seine
inneren Ziele vernachlässigt und sich nur noch auf die äußeren konzentriert hat. Hüftschmerzen sind aber auch
möglicherweise ein Hinweis darauf sich mit seinem Gott (dem Vater) zu versöhnen, mit dem man, vielleicht auch
unbewusst, ringt. Den Hinweis hierauf finden wir im alten Testament in der Genesis, dem 1. Buch Mose in einer
Geschichte des Erzvaters Jakob. Dieser hatte seinen Bruder Esau betrogen, musste fliehen und kehrte schließlich als
reicher Mann zurück um sich mit Esau wieder zu versöhnen. In der Bibel heißt es dann (1. Mose 32, 22 - 31): "Noch
in der Nacht stand er dann auf, nahm seine beiden Frauen und seine beiden Mägde und seine elf Söhne und ging über
die Furt des Jabbok. Er nahm sie und führte sie über den Fluss; auch all seine Habe brachte er hinüber. Jakob aber
blieb allein zurück. Da rang ein Mann mit ihm, bis die Morgenröte anbrach. (Aurum, wie alle syphilitischen Mittel,
ringt in der Nacht!) Als der sah, dass er ihn nicht zu überwältigen vermochte, schlug er ihn auf das Hüftgelenk. Und
Jakobs Hüftgelenk wurde verrenkt, als er mit ihm rang. Und er sprach: Lass mich los; die Morgenröte bricht an. Aber
er antwortete: Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn. Er sprach zu ihm: Wie heißest du? Er antwortete: Jakob. Da
sprach er: Du sollst nicht mehr Jakob heißen, sondern Israel [d.i. Gottesstreiter]. Denn du hast mit Gott und mit
Menschen gestritten und hast obgesiegt. Und Jakob fragte ihn: Sag an, wie heißest du? Er aber sprach: Warum fragst
du, wie ich heiße? Und er segnete ihn daselbst. Und Jakob nannte die Stätte Pniel [d.i. Angesicht Gottes]; denn [sagte
er] ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht geschaut und bin am Leben geblieben. Und als er an Pniel vorüber
war, ging die Sonne auf; er hinkte aber an der Hüfte."
Die Aussöhnung mit Esau gelang. Die Erlösung Aurums liegt u.a. auch in der Versöhnung mit den verstoßenen
Brüdern, mit dem Vater oder mit Gott.
Andreas Krüger, selbst bei einem chassidischen Rabbi Schüler, berichtete auf den Karlsruher Homöopathietagen im
April 2001 von einem Fall, bei dem er Gold ungemein erfolgreich verordnen konnte, fast mit "Sekundenphänomen".
Eine Patientin mit seit Jahren bestehenden Hüftschmerzen träumte eines Nachts, sie solle nach Jerusalem gehen.
Daraufhin bekam sie Aurum und hatte von dem Zeitpunkt an keinerlei Hüftschmerzen mehr. Ein solch schneller
Verlauf ist allerdings, wie oben schon erwähnt, nicht die Regel bei Aurum.
Und das jüdische Volk begegnet uns beim Gold immer wieder. Die möglicherweise erste homöopathische Heilung
mit einer ziemlich dramatischen Erstverschlimmerung ist ebenfalls in der Bibel, dem 2. Buch Mose, dem Exodus,
beschrieben. Eine Heilung mit Hilfe des Goldes. In dem Buch "Der homöopathische Ring" von Andreas Krüger und
Hans-Jürgen Achtzehn wird dies folgendermaßen beschrieben: "Mittels des Goldes wurde die erste (belegte)
homöopathische Heilung durchgeführt. Und dies mit einem ganzen Volk, nämlich dem jüdischen, das zutiefst mit
dem Goldwesen verbunden ist. "Verbunden" im wörtlichen Sinne, durch den Bund Gottes mit dem Volk Israel, der
nichts anderes ist als Rück-Bindung, Religion. [...] Moses hat nach dem Willen Gottes das jüdische Volk aus der
ägyptischen Knechtschaft befreit. Auf dem Zug durch die Wüste begibt er sich auf den Berg Sinai, wo er mit Gott
einen Bund schließt und zwei vom Finger Gottes beschriebene Gesetzestafeln erhält.
"Als aber das Volk sah, dass Mose ausblieb und nicht wieder von dem Berge zurückkam, sammelte es sich gegen
Aaron und sprach zu ihm: ‚Auf, mache uns einen Gott, der vor uns hergehe! Denn wir wissen nicht, was diesem
Mann Mose widerfahren ist, der uns aus Ägyptenland geführt hat.'
Aaron sprach zu ihnen: ‚Reißet ab die goldenen Ohrringe an den Ohren eurer Weiber, eurer Söhne und eurer Töchter
und bringt sie zu mir.'
Da riss alles Volk sich die goldenen Ohrringe von den Ohren und brachte sie zu Aaron.
Und er nahm sie von ihren Händen und bildete das Gold in einer Form und machte ein gegossenes Kalb. Und sie
sprachen: ‚Das ist dein Gott Israel, der Dich aus Ägyptenland geführt hat!'
Die Israeliten beginnen ein rauschendes Fest zu feiern und der zornentbrannte Gott droht sie wegen ihres Abfalls von
ihm vollkommen zu vertilgen. Doch Mose fleht um Gnade für sein Volk und bekommt sie auch gewährt. Daraufhin
kehrt er vom Berg zurück. Und zerbricht dort - mit den Gesetzestafeln - den Bund mit Gott.
"Als Mose aber nahe zum Lager kam und das Kalb und das Tanzen sah, entbrannte sein Zorn, und er warf die Tafeln
aus der Hand und zerbrach sie unten am Berge und nahm das Kalb, das sie gemacht hatten, und ließ es im Feuer
schmelzen und zermalmte es zu Pulver und streute es aufs Wasser und gab's den Israeliten zu trinken."
Auf diese homöopathische Gabe folgt eine dramatische Erstreaktion. Unter der Führung Moses' (‚Her zu mir, wer
dem HERRN angehört!') erschlagen die Gottgläubigen, in einem Akt der Sühne, ihre vom rechten Glauben
abgefallenen ‚Brüder, Freunde und Nächsten'. Dabei sterben dreitausend Israeliten. [...] Hierin ist ein radikaler und
auch teils grausam anmutender Goldprozess dargestellt."
Schließlich erneuert Mose den Bund, und als er erneut vom Berg zurück kommt, da scheuen sich die Israeliten ihn
anzuschauen, denn sie "...sahen, dass die Haut seines Angesichts glänzte..." Vielleicht war es der Glanz des Goldes,
den sie wahrnahmen und fürchteten.
Zu den zentralen Bereichen von Aurum gehört die Gottessuche. Es ist sehr religiös, kaum ein Mittel betet so
inbrünstig wie Aurum. Beten kann seine Beschwerden bessern, allerdings neigt Aurum auch zu religiöser
Melancholie bis hin zum Wahn. Dann wird das Beten zwanghaft, begleitet von Weinen. In die Religiosität mischt
sich oft der tiefe Zweifel am Seelenheil, besonders wenn Aurum glaubt Fehler gemacht zu haben. Dann tadelt es sich
selbst, gelangt ziemlich schnell in einen Zustand innerer Verzweiflung, denn wenn er Fehler macht, dann wird er ja
nicht mehr seiner Verantwortung gerecht.
Jegliche Gemütssituation kann, wie gesagt, durch Beten gebessert werden. Genauso aufhellend wirken Musik und
gutes Wetter oder der Umschlag von schlechten zu gutem Wetter. Für Aurum muss die Sonne scheinen, denn es ist ja
tief in sich die Sonne selbst. Die Astrologie weiß viel über die Sonne zu sagen. So gilt sie als Symbol für den Glanz,
die Herrschaft, die Pracht, den Stolz oder die Souveränität und im körperlichen Bereich steht sie z.B. für das Herz-
Kreislauf-System. Die astrologischen Aussagen über das Prinzip der Sonne sind den Prinzipien des Goldes ähnlich,
streckenweise gleich. Die Sonne repräsentiert den Menschen im Glanz des Mittags des Lebens, seiner Anlagen
mächtig geworden, aus sich erhellt und auf andere überstrahlend. Das Sternbild des Löwen ist ihr zugeordnet. Gerade
beim Gold (aber auch bei vielen anderen Metallen) finden wir eine große Übereinstimmung der geprüften Mittel mit
den überlieferten Aussagen der Astrologie.
Hinzu kommt das Geld, der äußere Wohlstand, der wiederum ein Zeichen für ein gelungenes oder gestörtes
Verhältnis zum Vater ist (zumindest im systemischen Sinn). So ist Aurum der Mensch zwischen dem inneren Gott
und dem Gott Mammon, zwischen "Wallstreet und Sinai", zwischen Diesseits und Jenseits. Der Bezug zum
Judentum wird auch hier deutlich: Die "Hebräer" sind nach Friedrich Weinreb diejenigen, die sich "nach dem
Jenseits sehnen", ein Jude ist im weitesten Sinne ein Mensch, der glücklich ist und deshalb Gott lobt und preist. Und
die Menora, der siebenarmige Leuchter, der aus normalem Metall ist, verwandelt sich, wenn entzündet, in Gold und
wird zum bleibenden Licht der Schöpfung, wenn es finster wird. Auch wird den Juden immer wieder ein ganz
besonderes Verhältnis zum Geld nachgesagt, ein Gespür für Geld bis hin zum Geiz (siehe "Der Kaufmann von
Venedig" von William Shakespeare). Dies wurde natürlich schnell auch zum Vorurteil und man benutzte es als
Begründung für die Verfolgung durch die Jahrhunderte hindurch.
Wie bei Medorrhinum (und z.T. auch bei Ferrum metallicum) ist bei Aurum der Vater die zentrale Figur. Von der
Mutter bzw. von deren Linie können wir sehr viel bekommen - all die Kraft des Weiblichen, des Heilenden, der
Hingabe, des Spürens, des Annehmens. Vom Vater bzw. dessen Linie aber bekommen wir die Ausrichtung nach
draußen, die Fähigkeit uns durchzusetzen, den äußeren Erfolg zu suchen, kämpfen zu können und dennoch nicht
blindlings dreinzuschlagen. All dies bekommen wir von der väterlichen Linie und deren Kraft aber nur dann, wenn
wir in der Lage sind, sie zu nehmen und sie zu ehren, wie Hellinger sagt.
Diese väterliche Linie oder auch den Vater selbst abzulehnen schadet. Denn den Vater nicht zu nehmen bedeutet,
dennoch stark mit ihm verbunden zu sein ohne etwas von ihm zu bekommen. Dadurch bestraft sich die Seele durch
negative Nachfolge, wie es in der systemischen Therapie genannt wird. Das heißt ganz konkret: Der sicherste Weg
im negativen Sinn so zu werden wie der Vater ist die Ablehnung oder gar der Hass. Nichts verbindet stärker als der
Hass. Sich ständig darüber zu erregen, wie der Vater ist (das gilt natürlich auch für die Mutter, den Bruder, die
Schwester oder andere nahestehende Menschen), lässt uns am ehesten so werden wie er. (In Indien gibt es ein
Sprichwort, das diese Tatsache auf seine Weise sagt: "Wer schlecht über andere spricht, nimmt teil an dessen
Sünden.")
So wie das Gold, sozusagen die erste Währung, zum Vater gehört, gehört auch das Geld dazu sowie die Arbeit und
die Pflicht. Der Vater gilt als das Symbol der Fülle (siehe Medorrhinum); bei Aurum wird dieses Symbol durch
Arbeit, Pflicht und Reichtum (innen wie außen) geprägt. Wir finden Aurum nicht nur bei erfolgreichen
Geschäftsleuten, sondern auch im künstlerisch gestaltenden und in spirituellen Berufen (Goldschmied, Priester,
Prediger).
Bei Aurum geht es oft um den traurigen Vater, dem die Söhne dann in die Traurigkeit folgen. Es geht auch um den
unerreichbaren Vater, den Vater, der viel Verantwortung trägt, der sich um die Pflicht und das Geld kümmert, der
viel arbeitet, dessen Erfolg aber bezahlt wird mit der Abwesenheit von zu Hause. Er kann auch der strafende Vater
sein (DD Arsen). Auch hier ist wieder die Beziehung zum Judentum gegeben: Kaum ein Gott (Vater) ist so ein
Inbegriff von Strafe wie der des alten Testaments. Er geht mit seinem Volk, seinen Kindern auf eine Art und Weise
um, die an Missbrauch denken lässt. Furchtbare Strafen spricht er aus, er befiehlt den Mord an den Nachbarn, er
fordert auf die eigenen Kinder zu töten - und sein Volk liebt ihn trotzdem.
Der Selbstmord des Vaters führt auch oft in eine Aurumkrankheit der Söhne (oder Töchter). Bei den Kindern entsteht
dann ein großes Schuldgefühl, weil sie glauben oder auch spüren, dass er es für sie getan haben könnte. Außerdem
leiden sie unter dem Vorwurf gegenüber ihrem Vater, dass er sie verlassen hat. Der Vater ist lange Zeit im Leben
seiner Kinder der omnipotente Mensch, der Gott auf Erden vertritt. Besonders bei Mädchen und Frauen mag die
Aurumkrankheit entstehen, wenn dieses Bild (zwangsläufig) irgendwann zerstört wird. Daraus folgt die Depression
oder gar die Neigung zum Suizid. Aurum-Väter, Aurum-Män- ner sind oft sehr großzügig, besonders ihren Töchtern
gegenüber. Sie versuchen ihre Abwesenheit und die dadurch sichtbare scheinbar mangelnde Liebe zu kompensieren,
indem sie von ihrem Geld abgeben in Form von oft überaus großzügigen oder auch großartigen Geschenken.
Schlimm wird es immer dann, wenn z.B. sein Betrieb zusammenbricht und die äußere Fülle schwindet. Sowohl für
ihn selbst als auch für seine Tochter oder seine Kinder insgesamt ist dies ein schreckliches Erwachen. Der Vater
versucht weiterhin alles möglich zu machen, aber es fruchtet nicht. Das allein ist schon schlimm für ein Kind, der
Vater kann es aber aus seiner Liebe heraus noch schlimmer machen.
So berichtete eine Patientin, dass ihre Depressionen mit dem Selbstmord ihres Vaters begonnen hatten. Seine Firma
war pleite gegangen, sie mussten in eine Zweizimmerwohnung ziehen und das Kind erlebte dies als Schande. Aber
das war es nicht, was sie krank machte und in Depression versinken ließ, auch der Selbstmord des Vaters als solches
nicht (der die Schande auch nicht ertragen konnte und per ‚Verkehrsunfall' aus dem Leben schied) - es war die
Erkenntnis, dass er es für sie getan hatte. Sie bemerkte dies an den ausschließlich auf sie ausgestellten
Lebensversicherungspolicen. Da (erst) wurde sie krank und blieb es länger als 20 Jahre! So kann Aurum-Liebe töten
und kränken ohne es zu beabsichtigen! (Die Statistik sagt, dass bei ca. 30 % der Unfälle mit teuren Limousinen
Selbstmord angenommen werden kann.)
Der Brückenpfeiler und das große Auto - das ist ein typisches Szenario für den Aurum-Selbstmord. Ein anderes ist
der Sprung aus großer Höhe, das Nachvollziehen des inneren Falles aus der Fülle in die Leere. Also: Die Folge von
Bankrott, Ruin, wirtschaftlichem Zusammenbruch ist hochwertig Aurum.
Die Selbsttötung ist ein großes Thema für Aurum. Ihm wird nachgesagt geradezu süße Gedanken an den Tod zu
haben. Der Tod hat für Aurum nichts Schreckendes, eher scheint er eine Erlösung zu sein. Der Name "Israel"
bedeutet nicht nur, wie oben erwähnt, "Gottesstreiter", sondern er bedeutet auch das Wissen von der Ewigkeit.
Aurum hat süße Gedanken an den Tod, weil er, wie Andreas Krüger sagt, "weiß, wo er hinkommt." Arsen dagegen
hat furchtbare Angst davor, weil er das hohe Gericht fürchtet. Natrium sulfuricum möchte sich töten, weil er alles so
schrecklich findet in seinem Leben, aber der Gedanke sich töten zu können verleiht ihm eine gewisse innere
Leichtigkeit, was ihn dann trotz seiner ständigen Gedanken an den Tod davon abhält den letzten Schritt zu tun.
Aurum unterlässt es trotz seiner Sehnsucht oft aus seinem Pflichtgefühl, seiner Verantwortung heraus. Allerdings
leidet Aurum oft unerträgliche körperliche Schmerzen, z.B. des Kopfes oder in den Knochen, was so schlimm
werden kann, dass er sich tatsächlich selbst tötet. Das Aurum-Rheuma ist eines der zermürbendsten Krankheiten. Das
gilt auch für seelische Schmerzen, z.B. beim Tod des eigenen Kindes.
Der Aurum-Mensch aber, der in seiner Kraft ist, der in der Lage ist seinen inneren Vater zu nehmen, der ist beherzt
und mutig, der ist charismatisch und redegewandt. Er wirkt kraftvoll, harmonisch, sonnig, manchmal fast edel.
(Hierin unterscheidet er sich von dem ebenfalls kraftvollen, charismatischen Medorrhinum.) Allerdings kann dadurch
ein fast an Platin erinnernder Hochmut entstehen, dann verträgt Aurum auch Widerspruch sehr schlecht (ähnlich
Lycopodium). Lycopodium wird mit seiner großen Intelligenz den Widerspruch meist erfolgreich wegdiskutieren,
Aurum aber diskutiert nicht, es zieht sich zurück, verdunkelt sich wie die Sonne bei einer Finsternis. "Mein ist die
Rache, spricht der Herr!", so steht es im Alten Testament, Gott erscheint dort durchaus als rachsüchtig. Dies aber ist
nicht so sehr die aureale Seite dieses Gottes, hier scheint mehr Lycopodium oder Natrium durch. Gerade die
Natrium-Rache kann sehr zerstörerisch sein, denn sie kommt unerwartet und oft sehr verspätet, so dass man
eigentlich gar nicht mehr weiß, weswegen Natrium so böse ist. Aurum rächt sich nicht, es zieht seinen Segen zurück.
Das aber kann auch verhängnisvolle Auswirkungen haben für den "Gestraften".
Ist Aurum ganz gesund, so macht ihm Widerspruch nichts aus, denn dann hilft ihm seine Großzügigkeit (und
Überlegenheit).
Auch die Sexualität ist bei Aurum nicht so wichtig oder gar herausragend wie z.B. bei Medorrhinum. Aurum
verschenkt seine Sexualität und achtet dabei nicht so sehr auf seine eigene Erfüllung, aber wenn es schön ist, dann
freut er sich sehr und kann sogar dabei weinen. Er verschenkt sich und dies ist für Aurum grundsätzlich sehr wichtig.
Er will eine Freude sein.
Großzügig ist Aurum nicht nur seinen Kindern gegenüber, sondern auch anderen ihm nahestehenden Menschen, der
Ehefrau, der Geliebten oder Freunden. Er tritt gerne als der Mäzen auf, der das Leben mit ihnen in seiner ganzen
Fülle teilen möchte. Wehe aber, man kommt ihm mit Undankbarkeit. Peter Raba in seinem Buch "Eros und sexuelle
Energie durch Homöopathie" sagt es so: "(Aurum) baut auf wenige Freunde und reagiert mit ‚heiligem Zorn' auf
Undankbarkeit. [...] Der Gold-Mensch imponiert - so er über Geld verfügt - durch ein gepflegtes Äußeres und feine
Manieren. [...] Unter Umständen spendiert er der einen oder anderen (Geliebten) auch schon mal ein schickes
Appartement. Wenn er aber merken würde, dass die Auserwählte in der Zeit seiner Abwesenheit dort auch noch
andere Liebhaber empfinge, dann ‚gnade ihr Gott'!" Aurum wird sofort seinen "Segen" zurückziehen.
Aurum ist wie Medorrhinum ein Mittel der Fülle, aber die beiden Arzneiwesen drücken die Fülle ganz
unterschiedlich aus. Aurum ist sehr geschmackvoll. Medorrhinum ist durchaus in der Lage, den echten Picasso neben
eine Ikone und ein Heavy-metal-Poster zu hängen Das findet er schön (in Heft 45 der Homöopathischen Einblicke
wurde dies beschrieben). Bei Aurum gibt es so etwas nicht. Die Wohnungseinrichtung ist edel und geschmackvoll,
Aurum trinkt die erlesensten Weine (am liebsten Rotwein), er fährt auch keine Corvette Stingray, sondern eher den
edlen Daimler.
Aurum ist gerne unter den Ersten, ja, der Erste. Lycopodium z.B. kämpft um eine vordere Position, um den Platz an
der Spitze. Aurum kämpft nicht um diese Position, das hat er nicht nötig - er wird gerufen um vorne zu stehen, er ist
ein Berufener. In der Bibel heißt es: "Ich habe dich bei deinem Namen gerufen!" Aurum ist auserwählt und seine
Position füllt er mit Fleiß und Pflichtgefühl, Können und Verantwortung. Darauf gründet sich sein Wohlstand. Aber
dieses Auserwähltsein kann hart sein, er muss oft schwer daran tragen und glaubt oft es nicht zu schaffen, der Pflicht
und Verantwortung nicht gerecht zu werden. Das führt zu den typischen Schuldgefühlen. Noch einmal Peter Raba:
"Seine unbewusste Angst vor Armut auf der einen und dem jüngsten Gericht auf der anderen Seite lässt ihn immer
schwer arbeiten, doch stets haftet ihm ein Rest von Schuldgefühl an, er hätte nicht genug getan, seine Pflicht nicht
ausreichend erfüllt. Gelangt er zu Ruhm, kann es sein, dass er auch deswegen Schuldgefühle bekommt, weil er soviel
Erfolg hat."
Aurum trägt und erträgt mit der inneren Haltung des "Trotzdem". Dazu eine kleine für Aurum typische chassidische
Geschichte: Als Gott mit seiner Schöpfung fertig war, da fühlte er sich einsam und suchte sich deshalb unter den
Menschen einen Partner (quasi sein Simile). Doch er stellte fest, dass niemand ihn wollte. So kam er zum Schluss
traurig in die Wüste (die Chassiden sagen, der hebräische Gott sei ein trauriger, melancholischer Gott) und traf dort
Abraham. Diesen fragte er, ob nicht er und sein Stamm das von Gott erwählte Volk sein wolle. Abraham überlegte
lange und sagte schließlich: "Gut, wir wollen dein auserwähltes Volk sein - aber es wird sehr, sehr schwer werden!"
Die Verbindung von Gold mit dem jüdischen Volk und seinem Gott ist schon mehrfach angeklungen. Das
auserwählte Volk liebt seinen Gott "trotz alledem" - eine durch und durch aureale Liebe, schwer, oft grausam und
kaum zu ertragen, aber immer mit diesem großen, oft trotzigen "Trotzdem" ("Ich lasse dich nicht, du segnest mich
denn!").
Eines der großartigen und tief bewegenden Beispiele für eine solche aureale Liebe zu Gott mit allen Zweifeln, mit
aller Grausamkeit und dennoch aller Konsequenz in dieser Liebe ist der Text von Jossel Rakover, einem der letzten
Überlebenden des Warschauer Ghettos. Er macht deutlich, wie leicht es ist zu glauben, wenn es uns gut geht. Doch
kommt das Leid über uns, dann wird der Glaube auf eine harte Probe gestellt. Wer dann dieses "Trotzdem" zu Wege
bringt, der geht daraus als ein Verwandelter hervor. Je mehr er von Aurum durchdrungen ist, desto leichter wird er in
einen solchen Konflikt kommen, desto gestärkter wird er aber auch aus ihm herauskommen können (unbedingt zu
empfehlen:Jossel Rakovers Wendung zu Gott, von Zvi Kolitz, Verlag Piper)
Allerdings hat gerade Aurum oft das Problem seine Beziehung zu Gott als eine Art Geschäftsbeziehung anzusehen.
Das Motto könnte heißen: "Ich liebe Dich ganz stark und dafür gibst Du mir ganz viel!" Dass dies auf die Dauer
nicht gut gehen kann, führt dann oft in die Goldkrankheit. Und diese ist hart, ist grausam, mutet an wie eine Strafe.
Bei manchen führt sie zum Absturz, bei anderen zu dem gelebten "Trotzdem". Der Steg zwischen beiden kann sehr,
sehr schmal sein und manchmal nur mit Hilfe des potenzierten Goldes ausbalanciert beschritten werden.
Dazu folgende Geschichte eines Patienten, der sein Leben lang immer mehr die Sonnenseite des Lebens erleben
durfte, weniger dessen dunkle Täler.
Er lebte damals (und auch heute noch) in einer glücklichen Ehe, er hatte ein Kind, das er von Herzen liebte, es gab
keine finanziellen Sorgen. In dieser Phase seines Lebens sollte er wieder Vater werden und er freute sich nicht nur
von ganzem Herzen auf dieses zweite Kind, er sah darin eine Art Gipfelpunkt seines Lebens, die Erfüllung seiner
Liebe zu seiner Familie und zu Gott.
Von Anfang an war ihm klar, das Kind werde eine Tochter, genauer, es werde seine Tochter, dafür würde Gott schon
sorgen. Und die Geburt dieses Kindes wurde zum glücklichsten Tag seines Lebens.
Doch nach drei Tagen starb das Kind, es verließ ihn wieder und er fiel in den Abgrund seiner tiefsten Lebens- und
Gotteskrise. Er verfluchte Gott, er beschimpfte ihn voller Zorn, er fühlte sich von ihm verraten und wandte sich so
(scheinbar) von ihm ab. Nachdem dieser innere Zorn, auch mit Hilfe von Ignatia, sich legte, blieb nur tiefste
Verzweiflung zurück, und in dieser Verzweiflung zeigte sich nur ein Gedanke, nur das eine Gefühl einer kleinen
Hoffnung auf Versöhnung mit seinem Gott: Wenn er wüsste, dass es Gott leid täte, was da geschehen ist, dann wäre
vielleicht eine Versöhnung möglich. Da Gott sich nicht an das "Geschäft" gehalten hatte, sollte er wenigstens zeigen,
dass er sich schämte, ihm, dem Mann und Vater, so etwas angetan zu haben. Dass dies ein vermessener Gedanke
war, das wurde ihm nicht bewusst.
Der Trost, der ihm von vielen Seiten versucht wurde zu geben, erreichte ihn nicht, er störte eher und ließ ihn noch
weiter in die Trauer sinken. Er war wirklich trost-los, alles erschien ihm dunkel.
Auch sein Lehrer bekam natürlich die Nachricht vom Tode des Kindes. Er rief sofort an und seine ersten Worte
waren: "Ich weiß, ich kann dich nicht trösten. Aber erlaube mir mit dir zu weinen." Dies öffnete den ersten Spalt in
der Dunkelheit seines Herzens. Da war jemand, der das Leid verstand und ehrte in dem Wissen es nicht ändern zu
können, aber er bot an daran teilzuhaben. Dies ist der große Akt des Ähnlichwerdens.
Auch als Therapeut ist es ja oft schwierig die Patienten in ihrem Leid, im Schmerz oder auch in ihrem Unvermögen
auszuhalten. Wir wollen dann gerne fliehen. Doch die Lebensregel des Ähnlichwerdens als heilende Instanz kann nur
helfen, wenn wir auch in der Lage sind dies alles mit den Patienten auszuhalten. Vieles ist nur dadurch wandelbar,
dass das Leid geehrt wird, indem wir ihm ähnlich werden, zumindest ein wenig auch aushalten und nicht immer
gleich verändern wollen.
Chiron, der große Heilergott, zeigt uns, dass die Heilkraft in der eigenen Verwundung, der eigenen Verwundbarkeit
liegt. Nur darüber können wir uns wirklich so einfühlen und helfen, dass Gesundung, dass Heilwerden geschehen
kann. Nachdem nun durch das Angebot mit ihm zusammen zu weinen der Mann in der Lage war seinem Lehrer
zuzuhören, da erzählte der ihm die Geschichte vom Tränenbecher. Diese Geschichte und potenziertes Gold waren in
der Lage das Herz dieses Mannes wieder zu öffnen, wenn auch das Licht, das er wieder begann sehen zu können, ein
anderes war als vorher, es zeigte ihm unter anderem den weinenden Gott, und das änderte seine Sicht mit diesem ein
"Geschäft" abschließen zu können und damit auch seinen Glauben von Grund auf.
Der Tränenbecher
Als Gott die Menschen aus dem Paradies vertreiben musste, wurde er sehr traurig und weinte. Einer seiner Engel
kam und sagte: "Gott, warum weinst Du? Ich kann Dich nicht traurig sehen. Lass mich für Dich weinen."
Gott sagte: "Du kannst mich nicht verstehen. Ich weine und diese Trauer ist wichtig. Da Du mich nicht weinen lassen
willst, werde ich mich in einen Raum zurückziehen, in dem Du mich nicht stören kannst."
Seit diesem Tag geht er jeden Tag in einen verborgenen Raum und weint. Und alle seine Tränen fallen in einen
Tränenbecher. Nach dem Mythos wird der Messias kommen, wenn dieser Tränenbecher voll ist.
Aurum muss oft durch die dunkelsten Täler wandern, bevor er ans Licht gelangen kann. Daher auch die
Verschlimmerung in der Nacht: Schlaflosigkeit durch Traurigkeit, Schlaflosigkeit, die bis zum Morgen dauert, mit
stundenlangem Grübeln, mit Überempfindlichkeit gegen Geräusche, Schlaflosigkeit durch Kopfschmerzen, mit
nächtlichen Augenschmerzen. Wenn es dunkel wird, nimmt die Traurigkeit zu ("Abscheu vor dem Leben abends",
"Lebensüberdruss abends"), besonders abends und nachts kommen die Gedanken dem Leben ein Ende zu setzen
u.v.a.m. Aber schon immer galt das Sprichwort, dass die Nacht immer kurz vor Tagesanbruch am dunkelsten sei.
Als die Tempel in Jerusalem zerstört worden waren, da weinten die Juden und fielen in tiefste Verzweiflung. Und
einige fragten ihre Rabbis, wann die Erlösung endlich komme. Da sagten die: "Die Frage kommt immer in der
dunklen Nacht, wenn Erlösung unmöglich scheint - nie wird es wieder hell werden. Aber dann kommt das
Morgengrauen, erst langsam, ein weißer Strich am Horizont, und dann, plötzlich, ein Streifen Gold. Und mit dem
ersten Sonnenstrahl ist die Dunkelheit gebannt. So ist es mit der Erlösung. Es fängt langsam an, fast unmerklich, aber
dann kommt sie schneller und schneller, und plötzlich ist die ganze Welt im hellen Licht."
Soweit erst einmal die Gedanken zum Wesen des Stoffes Gold. Es folgt jetzt eine Zusammenfassung der
wesentlichen Symptomatik des Mittels Aurum in Stichworten.
Aurum will der Erste sein, ist edel und großmütig, allerdings auch immer in der Gefahr daraus einen Hochmut zu
entwickeln (und erinnert dabei dann auch an Platin). Dann entwickelt es auch eine starke Empfindlichkeit gegen
Widerspruch (ähnlich Lycopodium), aber es diskutiert dann nicht wie Lycopodium, es zieht sich zurück, es
"verdunkelt sich". Das ist seine Form der Zurechtweisung, die für sein Gegenüber furchtbar sein kann. Sein
Verhalten aber macht ihm Gewissensängste.
Melancholie, Schwermut, Depression. Gedanken seinem Leben ein Ende zu setzen, oft mit einer süßen Sehnsucht
nach dem Tod. Dieser hat nichts Schreckliches, er ist nur die andere Seite der Aurum-Persönlichkeit, die in beiden
Welten zu Hause sein kann.
Suizid wegen Schmerzen, wegen finanzieller Katastrophe, wegen Tod des eigenen Kindes.
Hohes Verantwortungsgefühl, das ihn auch vom Suizid abhalten kann.
Starke Religiosität. Beten hilft ihm in der Traurigkeit, kann aber auch zum Zwang ausarten. Beten führt zum Weinen.
Zweifel am Seelenheil durch das Erkennen, dass er Fehler gemacht hat. Er glaubt dann, er könne das nicht wieder
gutmachen, er habe seine Pflicht nicht erfüllt.Verzweiflung wegen Schmerzen. Das aureale Rheuma z.B. ist eine
furchtbar zermürbende Erkrankung, die zum Wahnsinn und zur Gewalttätigkeit, auch gegen sich selbst, führen kann. Knochenschmerzen.
Schmerzen bessern sich durch Bewegung.Gemütslage wird durch Musik aufgehellt und durch gutes Wetter. Die
Sonne ist für Aurum das wichtige Gestirn, auch in ihrer physischen Wirkung. Gemeinsam mit phytotherapeutischem
Hypericum ist es ein bewährtes Mittel bei der Winterdepression (Aurum LM VI). Johanniskraut ist eine Art
pflanzlichen Goldes.
Schlaflosigkeit. Die Gedanken in der Nacht sind grüblerisch und halten vom Schlaf ab, auch mit Herzklopfen
(Aurum muriaticum). Traurigkeit behindert den Schlaf. Jedes Geräusch stört. Schlaflosigkeit wegen Schmerzen.
Aurum wählt sich Berufe, bei denen es um Geld, um Gestaltung oder spirituellen Dienst geht.
Kinder sind schon früh sehr ernst, früh sehr pflichtbewusst. Die Eltern sagen, ihre Kinder seien eine Freude (aber:
"Gute Mädchen kommen in den Himmel, böse überall hin!").
Hodenatrophie, Leistenhernie.
Erkrankungen der Augen (Iritis etc.) - "wär nicht das Auge sonnenhaft, die Sonne könnt es nie erblicken." (Goethe,
Zahme Xenien III). Ein berühmtes Symptom ist der Ausfall des oberen (!) Gesichtsfeldes. Nicht nur das Auge ist
Sonnenorgan, sondern auch das Herz. - daher
Herzerkrankungen unterschiedlichster Art. Ausführlich medizinisch nachlesbar ist das bei Otto Leeser. Hier eine
kleine Kostprobe, denn die körperlich-medizinische Seite der Homöopathie sollte bei aller Prozessorientierung nicht
vernachlässigt werden.
Otto Leeser schreibt:
"Es handelt sich [...] um primäre Blutverteilungsstörungen im Sinne von Elastizitätshochdruck der herznahen Gefäße,
welcher sekundär einen Widerstandsdruck der Arteriolen im Sinne diastolischer Druckerhöhung hervorruft.
Störungen des Dehnungswiderstandes und der Viscosität sind aus der symptomatischen Funktionskette erkennbar.
Die plötzlichen Hypertoniekrisen, eindrucksvoll an der kongestiven Gesichtsrötung erkennbar, erfolgen durch
plötzliche Überbeanspruchung des Dehnungsvermögens der großen Arterien und ihrer muskulären Funktion.
Steigender Druck bedeutet plötzliche Dehnung mit Gefäßerweiterung und abfallendem Stromvolumen; plötzliche
Druckschwankungen erzeugen wiederum Veränderungen der Druckamplitude, welche mit Druckabfall und
Gefäßerschlaf- fung beantwortet werden (Bayliss-Effekt). Hinzu kommt noch, daß die gleichförmig geschichtete
Blutströmung der großen Gefäße bei zunehmender Strömungsgeschwindigkeit Wirbelströmung erzeugt und damit
den Reibungswiderstand erhöht [...]."
Ähnlich Medorrhinum trinkt Aurum gerne Alkohol. Er trinkt viel, aber kultiviert. Alkohol hilft die Trauer zu
ertränken.
Aurum ist ein Gourmet, er isst gerne und viel, aber nur vom Feinsten.
Die Träume sind lebhaft, auch schrecklich. Aurum träumt vom Jenseits, von Toren ins Jenseits, von schwarzen
Hunden (Lac caninum), vom Vater, vom himmlischen Vater.
Eine andere klassische Zusammenstellung der Symptomatik, die hier beispielhaft stehen soll, finden wir bei Mathias
Dorsci:
"[...] Geist: Gut gelaunt, erregt, starke Auffassung, arbeitsfreudig, voller Tatendrang.
Danach auffallende Gedächtnisschwäche, körperlicher und geistiger Zerfall.
Rot, hitzig, erregt, traurig, verzweifelt, gebückt, luesinische Diathese.
Gemüt:
Erregt, gut gelaunt, arbeitsfreudig, tatendurstig, Ideenflut.
Erregt, nervös, gereizt, aufbrausend, zornig, verträgt keinen Widerspruch.
Enttäuscht, gekränkt, missverstanden, verzweifelt, passt nicht in diese Welt.
Sehnt sich mit inniger Wonne nach dem Tod, bis zur Selbstentleibung, Angst.
Still, verschlossen, abgewandt, aufbrausend, niedergeschlagen, Selbstmordgedanken.
Leib:
Unmäßiger Hunger und Durst, hastig, nichts geht ihm schnell genug.
Verlangen nach Milch, Wein, Kaffee und kalten, alkoholischen Getränken.
Abneigung gegen Fleisch und Fleischspeisen, Übelkeit. Brechreiz.
Übelriechende schmerzhafte Stühle, nächtliche brennende Durchfälle.
Verstopfung während der Regel, Hämorrhoiden, Fissuren, Analekzem.
Anfangs ständiger Harndrang, wenig später ammoniakalisch riechende Harnflut.
Kalte Hände und Füße. Blutandrang, profuse anhaltende Schweißausbrüche.
Schlaflosigkeit infolge der nächtlichen Schmerzen und Sorgen, Kränkungen. Schluchzt und seufzt, ängstliche
Träume von Dieben und Räubern.
Gesteigerter Geschlechtstrieb, Pollutionen, erotische Träume, Hodenschmerzen.
Menses verspätet, verstärkt und lang, Myomblutungen, Vulvitis.
Dickweißer Ausfluß.
Modalitäten:
Nächtlicher Kopfschmerz, Knochenschmerzen, Herz- und Gefäßkrisen, Asthma cardiale.
Verschlimmerung früh morgens, beim Denken, Abdecken, bei Anstrengungen, in der Ruhe, Ansprechen,
Widersprechen, Trösten, Darandenken, Grübeln, Zornausbrüche.
Wärme, Sonne, Hitze und Kälte, Abdecken, Unterkühlen.
Alles wird zu eng und ist zu klein, Blutandrang.
Muss sich bewegen und abkühlen bei Wallungen und im Zorn.
Beruhigung durch Musik, durch Gehen und Warmwerden.
Folgen von Lues, Quecksilbermissbrauch, Kränkung, Erfolglosigkeit und Leiden.
Indikation:
Manisch-depressive Melancholie, Selbstmordneigung, geistig-körperlicher Abbau.
Zentralnervensystem, Sinnesorgane, Herz, Gefäße, Haut, Knochen, Drüsen, Genitalien.
Cerebralsklerose, Dementia präcox, Gefäßkopfschmerz mit Blutandrang, Gesichtsröte, Iritis, Iridocyclitis.
Chorioretinitis, Keratitis, Glaukom, Ablatio retinae, Lues, Otosklerose, Coronarsklerose. Gefäßsklerose, Hypertonie,
Angina pectoris, Myodegen. Cordis.
Aortenaneurysma, Aortitis luetica, Gefäßkrämpfe, periphere Sklerose, Rosacea, Rhinophyma.
Kupfernase, Ozaena, Karies der Nasenknochen, Nasenknorpel, Zahnschmerzen, Zahnfleischbluten, Kiefergelenke,
Paradontose, Ulcerationen, Karies, Säufergastritis, Lebercirrhose, Hoden-Tuberkulose, chronische Metritis, Myom.
Gelenksrheumatismus, Periostitis, nächtliche Knochenschmerzen, nächtlicher Kopfschmerz, Gumma, Fisteln,
Haarausfall, Entwicklungsstörung, Wachstumsstörung, Hodentumore, Drüsenverhärtungen, Struma nodosa cystica, Eierstockcysten.
[...]
Vergleich:
Arnika: Gefäße, Hypertonie, Misstrauen. Ablehnung, Zorn.
Sulfur: Gefäße, Leber, Blutdruck, Wallungen, Erregungen, Weltverbesserer.
Acid fluor: Gefäße, Haut, Knochen, Fisteln, Erregung.
Strontium: Gefäße, Sklerose, Hochdruck.
Lachesis: Gefäße, Misstrauen, Eifersucht, Wallungen, Hochdruck.
Mercurius: Haut, Schleimhaut, Knochen, Lues.
Opium: Misstrauen, Gefäßkrisen, Abbau."
Das Wesen von Aurum finden wir in vielen bekannten Persönlichkeiten wieder, die astrologisch betrachtet oft zum
Löwetypus gehören. Natürlich sind auch immer andere Arzneiwesen an deren Tafelrunde präsent.
Der Löwe Arnold Schwarzenegger hat Aurum-Anteile in Verbindung mit Mercur, mit Lycopodium und Nux vomica
gehört Napoleon zu den Menschen, die mit Aurum zu tun haben, Fidel Castro (mit Medorrhinum) gehört genauso
dazu wie z.B. auch C. G. Jung . In dem Clan der Kennedys gab es immer wieder Löwe-Aurum-Typen und Jacqueline
Kennedy, die Frau von J. F. Kennedy, war Doppellöwe: Sie wollte im Weißen Haus ein neues Camelot errichten...
Ein Fall
Zum Schluss möchte ich noch einen Fall von Andreas Krüger wiedergeben. Es gäbe zwar noch viel zu sagen zum
Gold, zu Aurum, z.B. Weiteres über das astrologische Element des Goldes, die Sonne - deren Symbole wie
Großzügigkeit, Licht, Selbstbewusstsein und ~herrlichkeit oder als natürliches Zentrum aureale Züge tragen, oder
über Echnaton und seinen Sonnengesang. Oder über die Farbe Gelb - zum Gold gehörig als Metapher der
Erfüllungszeit und der Endzeit oder als Warn- und Symbolfarbe für die Ausgesonderten (früher die Pestschiffe, die
Blinden, die Juden), über die Inkas, die die Sonne anbeteten und sie im Golde verewigten ("Sonnenvater, der Du mir
leuchtest, alles wird Trauer sein und Schatten, wenn meine Augen, die Sterne, Dich nicht mehr sehen.") usw. Es gibt
Arzneimittelprüfberichte, von klassisch bis prozessorientiert, die alle sehr interessant sind, aber all dies hier
auszuführen würde den Rahmen sprengen. Deshalb jetzt hier der Fall von Andreas Krüger, wie er ihn im April 2001
in Karlsruhe berichtete.
Ein Patient, jetzt gut fünfzig Jahre alt, ist von Beruf Gestalttherapeut. Er war Gründer eines großen Zentrums in
Berlin und ist seit 15 Jahren Patient bei Andreas Krüger.
Er ist ein arbeitsamer, fröhlicher Mensch, bei dem alles schnell gehen muss, so möchte er am liebsten, dass seine
Sekretärin schon weiß, was zu tun ist, bevor er ein Wort gesagt hat. So bekam er über längere Zeit und mit gutem
Erfolg Nux vomica. Die Tatsache, dass ihm von allen Seiten immer wieder gesagt wurde, er sei zu laut - beim
Sprechen, beim Essen, beim Lieben - führte zu der Verschreibung von Medorrhinum, das ihn etwa drei Jahre lang
begleitete (dabei wurde er keineswegs leiser, aber er litt nicht mehr unter den Vorwürfen).
Lycopodium half bei Schwierigkeiten mit seinen Schülern ("die wollen mich immer ins Knie beißen"), Lac caninum
brachte ihn dazu seine Führungsrolle nehmen und ausfüllen zu können.
Insgesamt war er mit seinem Leben zufrieden. Er hatte eine nette Frau, zwei wohlgeratene Kinder und war im Laufe
der Zeit durchaus wohlhabend geworden. Sein inneres Medorrhinum ließ ihn immer wieder Urlaub in Griechenland
machen, genauso wie sein Behandler. Eines Tages waren sie beide in Griechenland, nur zwei oder drei Inseln
voneinander getrennt. Da klingelte bei Andreas das (Not)-Telefon. Der Patient musste ihn unbedingt sprechen, da er
einen beeindruckenden Traum gehabt hatte, den er "loswerden" musste. Dazu muss man wissen, dass dieser Mann
früher sehr starke Schwierigkeiten hatte mit all dem, was mit Neonazismus zu tun hat. Das war mit Lac caninum
zwar besser geworden, aber nach einem Gespräch mit Schülern über dieses Thema vor dem Urlaub hatte seinen alten
Hass wieder auflodern lassen. Nun, in Griechenland, hörte er im Traum eine Stimme, die ganz deutlich sagte: "Nimm
vier Jahre lang Aurum 50M, dann hast Du das Haus des lachenden Gottes erbaut."
Das tat er und träumte in der folgenden Nacht, er sei "Israel". In diesem Traum war er der Sohn eines
gutbürgerlichen jüdischen Paares in Berlin, der Vater hatte ein kleines, aber gut gehendes Geschäft. Die Familie war
sehr assimiliert, er fühlte sich als ganz normaler deutscher Junge. Dennoch schickten die Eltern den jungen Israel (im
Traum) nach Palästina, wo ein Onkel, dem Warschauer Ghetto noch rechtzeitig entronnen, seit einiger Zeit in einem
Kibbuz lebte. Israel wurde glühender Zionist (der Zionismus ist die Bewegung, die, schließlich mit Erfolg, dafür
eintrat einen jüdischen Staat zu gründen), war allerdings sehr besorgt, weil er von seinen Eltern aus Deutschland
keinerlei Nachricht mehr bekam.
Dies blieb auch so, seine Eltern waren verschollen, und Israel entwickelte sich zu einem ausgesprochenen
Faschistenhasser. Er schwor ihnen Rache, wo immer er sie finden würde. So ging Israel als noch sehr junger Mensch
nach Spanien um dort gegen die Faschisten zu kämpfen. In dieser Nacht in Griechenland nach Aurum 50M träumte
er all dies, sogar welcher Brigade er in Spanien beitrat. Nach der Kapitulation der Republik (dem Sieg Francos) ging
Israel nach Palästina zurück. Obwohl der Staat Israel noch nicht existierte, gab es schon einen Geheimdienst, den
Mossad, dem Israel beitrat. Sofort übernahm er einen gefährlichen Sonderauftrag: Da er die deutsche Sprache perfekt
beherrschte, ging er nach Hamburg um dabei zu helfen, Kinder jüdischer Eltern aus dem Land zu schmuggeln, damit
sie nach Palästina in Sicherheit gebracht werden konnten. Nach einiger Zeit erfolgreicher Arbeit in Hamburg wurde
er aber schließlich doch von der Gestapo verhaftet.
Im Folterkeller der Gestapo bohrte man ihm die Zahnwurzeln an. Vier Zähne konnte er im Traum ertragen, beim
fünften hat er all seine Kameraden verraten. Die wurden erschossen und er kam, als gebrochener Mensch, ins
Konzentrationslager Auschwitz. Nach einiger Zeit kam seine Zeit, er musste in die Gaskammer, und im Traum
atmete er das Gas ein und starb. Dabei erwachte er und hatte von Stund an, zwei Jahre lang, Lungenbeschwerden.
Andreas Krüger berichtete, dass es bei den Juden heute Therapeuten gibt, die um die Welt reisen, um reinkarnierten
Holocaust-Opfern zu helfen. Die Möglichkeit, Beschwerden zu haben, die aus dem Foltertod oder dem Tod in der
Gaskammer herrühren, wird also von vielen durchaus ernst genommen. Davon abgesehen kommt es in der Therapie
auch gar nicht darauf an, ob solche Phänomene der so genannten Realität entsprechen; wenn sie für den Patienten
wichtige Erfahrungen sind, dann müssen wir sie ganz ohne Wertung ernst nehmen. Dass dies der modernen (und
auch der klassischen) Homöopathie keineswegs widerspricht, zeigt ein unvoreingenommener Blick in die Rubrik
"Wahnideen" des Synthesis - wenn jemand behauptet, er komme nicht durch die Tür, weil er zu groß, nämlich eine
Giraffe sei, dann finden wir das im Repertorium und sollten Cannabis indica zur Hand haben (was wir natürlich, da
es verboten ist, dann nicht zur Hand haben...). Was der Patient auch sagt, es entspricht erst einmal seiner
Wahrnehmung und sollte deshalb für den Behandler ebenfalls erst einmal wahr sein. Deshalb ist auch meiner
Meinung nach (siehe den Artikel über mediale Zustände in diesem Heft) der Begriff "Wahnidee", vielleicht sogar der
Begriff der Täuschung oder "delusion", falsch gewählt.
Die Lungenbeschwerden des Patienten erwiesen sich als ausgesprochen therapieresistent. Anfangs sah es aus wie
eine Pneumonie mit einem wunden Gefühl in der Brust beim Atmen und fiebrigem Gefühl, später dann, wieder zu
Hause in Berlin, waren es chronische Atembeschwerden. Aurum in der 10M, Acidum hydrocyanicum (Blausäure) C
30, Ferrum phosphoricum C 30, Scorpio C 30 - nichts half, im Gegenteil, die Beschwerden wurden immer
schlimmer. Nach einiger Zeit bekam er Scorpio 10M und da träumte er noch einmal seinen Traum dieses jüdischen
Lebens. Doch es war nicht ganz der gleiche Traum, sondern zu jeder Sequenz hörte er eine erklärende Stimme, die
ihm sagte, wer die einzelnen Personen in seinem Traum in seinem jetzigen realen Leben seien. Die Stimme des
Skorpions identifizierte einen jeden. Dies klärte für ihn viele Schwierigkeiten, warum er mit manchen Menschen gut
zusammen sein konnte, mit anderen jedoch nicht, zu manchen eine unerklärliche Liebe empfand, bei anderen aber
eine ebenso unerklärliche Abneigung. Er empfand dies als sehr bereichernd, aber leider änderte sich an seinen
Beschwerden nichts Wesentliches.
Sein Behandler schickte ihn dann zu einer Reinkarnationstherapie. Er durchlebte in einer solchen Sitzung noch
einmal all das, was er auch geträumt hatte, konnte sich nicht nur mit seinen Folterern, sondern auch mit den von ihm
verratenen Kameraden aussöhnen und - siehe da - die Beschwerden wurden deutlich besser. Aber die weitere
Besserung, bis hin zu vielleicht 60 bis 70 Prozent, zog sich über fast zwei Jahre hin und wirklich gut war es nicht. Er
fühlte sich zwar insgesamt wohl, doch die Beschwerden in der Lunge waren immer noch sehr störend. Während
dieser zwei Jahre ergab weder das Röntgen einen Befund, noch besserte eine Sanierung des Gebisses den Zustand,
cranio-sakrale Therapie half genau so wenig wie Rolfing, Neuraltherapie und weitere homöopathische Mittel (z.B.
Tuberculinum). Das Erstaunlichste bei diesem Verlauf war wohl die Treue des Patienten, er gab die Hoffnung nicht
auf - und das sollte schließlich belohnt werden.
Irgendwann später kam er dann in die Praxis und sagte, er müsse etwas erzählen - ein von ihm subjektiv eher als
unwichtig angesehenes persönliches Problem, weswegen er es nie erwähnt hatte. Immer dann, wenn er mit seiner
Frau in den Urlaub fuhr, bekamen sie Streit, und nur dann. Das lag daran, dass er der Fahrer war und sie "scoutete",
dies aber überhaupt nicht kann. Wenn es dann zu einer Situation kam, in der es eng wurde (z.B. dass er die Ausfahrt
verpasste), dann hörte für ihn das Leben auf - ein vielleicht schwer nachvollziehbares Symptom, aber er schilderte es
genau so - in diesem Moment erfuhr er so etwas wie ein Nichts. Auf der Suche nach einer möglichen Ursache
forschte er auf Anraten seines Supervisors nach Situationen, in denen er von jemandem im Stich gelassen worden
war. Es fiel ihm ein, dass er, als er drei Jahre alt war, von seiner Mutter aus dem Krankenhaus abgeholt werden sollte
und diese nicht kam, was ihn sehr erschreckt hatte. Aber er glaubte nicht, dass dies die Ursache sein könne. Eine
andere Situation aber, als er 19 Jahre alt war, vermittelte ihm noch immer dieses Gefühl, das Leben sei zu Ende,
wenn er daran dachte. Damals gab es ein Mädchen, in das er sich verliebt hatte, die aber nichts von ihm wissen
wollte. Er schickte ihr Blumen und Gedichte, aber vor allem betete er. Er wollte mit Gott ein Geschäft machen - er
bekommt das Mädchen und Gott bekommt weiterhin viele Gebete von ihm. Eines Tages, er hatte sie schon fast
aufgegeben, da wollte das Mädchen plötzlich doch. Er war selig, wie im siebten Himmel und seinem Gott unendlich
dankbar. Alle seine Wünsche, seine Gebete waren in Erfüllung gegangen und er hatte das Gefühl, dass er sich auf
seinen Gott verlassen könne.
Kurze Zeit darauf wurde er in der Schule zum Direktor gerufen. Dieser teilte ihm mit, dass seine Freundin soeben bei
einem Autounfall ums Leben gekommen war. Das war der Moment, als für ihn das Leben, die Welt aufhörte zu
existieren. Sein Gott hatte ihn verraten. Da war Andreas Krüger klar, dass trotz aller anderweitiger Aussagen, z.B.
des Kinesiologen, er dem Gold nicht treu genug geblieben war. Er hatte zu schnell das Mittel aufgegeben und war zu
anderen übergegangen. So gab er ihm auf's Neue Aurum, diesmal in der LM 240. Das Wunder geschah - spontan
wurden die Lungenbeschwerden besser. Nach vierzehn Tagen lag die Besserung bei 90 %!
Daraufhin hatte er wieder einen Traum: Er trifft seinen spirituellen Lehrer, einen Lama, der ihn zusammen mit dem
Begründer der Gestalttherapie, Fritz Pearls, besucht. Sie bringen einen älteren Herrn mit. Der Patient ist sehr gerührt
und fühlt sich auch sehr geehrt über diesen Besuch. Aber den älteren Herrn kennt er nicht und so fragt er, wer der
denn sei. Sein Lehrer sagt ihm, er solle ihn doch einfach fragen. Das tut er und der alte Mann antwortet: "Ich bin
Gott." Der Mann ist ziemlich erschüttert und fragt, was Gott denn veranlasse ihn aufzusuchen im Traum. Gott
antwortet: "Ich wollte schon längst mal kommen um dir zu sagen, wie unendlich leid mir das tut, was dir damals als
Israel geschehen ist. Besonders leid aber tut mir das mit deiner Freundin." Da bricht der Mann im Traum weinend in
den Armen seines Gottes zusammen. Er erwachte tränenüberströmt und bemerkte, dass seine Lunge vollständig in
Ordnung war, er wieder völlig frei durchatmen konnte.
Andreas Krüger bezeichnet dies als einen seiner schönsten Fälle. Allerdings wird es vielen Patienten nicht möglich
sein solche Erfahrungen zu machen. Das ist erst möglich, wenn sie das Gefühl haben, dass sie von ihren Behandlern
für solche "Geschichten" nicht ausgelacht oder gar verachtet und abgelehnt werden. Das Gold kann uns lehren unsere
eigenen Pforten weiter zu öffnen, damit wir auch für unsere Patienten offener sein können.
Ausklang
Zum Ausklang dieses schon zu Beginn als "inkommensurabel" bezeichneten Artikels sollen noch einmal Willibald
Gawlik und Werner Buchmann zu Wort kommen:
" Sehr oft kommt das Wort Gold in der Offenbarung des Johannes vor als Name für Bilder. Um dieses Wort Gold zu
deuten, führt uns tatsächlich dazu, dass wir beim Gold die zwei Wesensseiten, nämlich das glänzende Äußere und
das tiefe Innerliche, zu betrachten haben.
[...] Gäbe es nicht die Offenbarung, wüssten wir nicht, dass noch ein anderer Weg existiert, ein Weg, der uns wieder
herausführt aus der Dämonie und dem Fluch des Goldes. Hier wird das Gold schließlich der Träger der Opferkraft
und der Träger der Anbetung. Da, wo diese Macht, wo dieses Wesen seine Wirksamkeit entfaltet, da entsteht die
Liebe. Der Engel, der den Apokalyptiker in das himmlische Jerusalem, das goldene Jerusalem schauen lässt, der trägt
das goldene Rohr als Maßstab der Weisheit. Denn der Maßstab der Weisheit ist nicht die Weisheit selbst, sondern ist
die in ihr waltende Liebe. Die Weisheit, die von Liebe durchdrungen ist, der Wille, der in Liebe von Weisheit
durchleuchtet ist, die bewirken den von dem Gold der Offenbarung durchdrungenen Zusammenhang aller seelischen
Kräfte und Bewegungen des Gemütes, bis in seine Innerlichkeit hinein, in die Innerlichkeit, aus der die Liebe
hervorquillt. Erinnern Sie sich an Faust, "Die Träne quillt, die Erde hat mich wieder." Hier so transparent wie ein
Kristall, erscheint das Gold noch einmal. Goethe bringt uns im 2. Teil seines Faust diesen Gedanken noch einmal
nahe. Es lohnt sich, mit diesem Gedanken über Gold zu meditieren:
‚Du weißt, das Bergvolk denkt und simuliert,
ist in Natur- und Felsenschrift studiert.
Die Geister, längst dem flachen Land entzogen,
sind mehr als sonst dem Felsgebirg gewogen.
Sie wirken still durch labyrinthische Klüfte,
im edlen Gas metallisch-reicher Düfte.
In stetem Sondern, Prüfen und Verbinden
Ihr einziger Trieb ist, Neues zu erfinden.
Mit leisem Finger geistiger Gewalten
Erbauen sie durch-sichtige Gestalten;
Dann im Kristall und seiner ewigen Schweignis
Erblicken sie der Oberwelt Ereignis.'
Mehr wollen wir darüber nicht schreiben. Wir sollen das auf uns wirken lassen. Gold als Metall, Gold als
Arzneimittel, etwas transparent gemacht."
Literatur:
Anikin, Anikin, Gold
Bolen, Götter in jedem Mann, Heyne-Verlag
Bomhard, Symbolische Materia Medica, Verlag Homöopathie und Symbol
Buchmann, Gawlik, Homöopathie in der Weltliteratur, Barthel u. Barthel Verlag
Die Bibel, Verlag der Zürcher Bibel
Die digitale Bibliothek der deutschen Literatur und Philosophie, Direct Media Publishing
Gawlik, Götter, Zauber und Arznei, Barthel u. Barthel Verlag
Goethe, Gesammelte Werke, Karl Voegels Verlag
Hücking, Zum Beispiel Gold
Huibers, Gesund mit Metallen
Kents Arzneimittelbilder, Haug Verlag
Klassische Heldensagen, Gustav Schwab, Mohn Verlag
Kolitz, Zvi, Jossel Rakover Wendung zu Gott, Verlag Piper, Zweisprachige Ausgabe
Krüger, Achtzehn, Der homöopathische Ring, Verlag Medizinisches Forum
Leeser, Lehrbuch der Homöopathie, Band 2
LexiRom 3.0
Materialien von A. Krüger, Karlsruher Homöopathietage April 2001
Materialien der Samuel Hahnemann Schule, Berlin
Morrison, Englische Seminare
Nash, Leitsymptome in der Homöopathischen Therapie, Haug Verlag
Paracelsus, Die Geheimnisse, Knaur Verlag
Sankaran, Die Substanz der Homöopathie, Homoeopathic Medical Publishers
Vermeulen, Kindertypen in der Homöopathie, Sonntag Verlag
Whitmont, Der Traum in der homöopathischen Praxis, Burgdorf Verlag
Wörterbuch der Mythologie, Direct Media Publishing
Hans-Wulf von Uslar, Heilpraktiker
Grasweg 52, 30966 Hemmingen